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Turniersport
Pferdehaltung

Richter, werte wie ein Pferd – bitte!

Wenn man in den letzten Wochen um sich sieht, überkommt einen tiefe Traurigkeit und Unverständnis. Nicht nur, dass im Turniersport Pferde zu Prüfungen zugelassen werden, die offensichtlich körperlich nicht in der Lage sind, hohe Dressur zu zeigen. Oder Menschen am Abreiteplatz stehen und billigen, dass vor ihren Augen Pferde gequält werden. „Da gibt’s viel Schlimmeres!“ tönt es selbstgefällig aus der Kommentarliste zu diversen Artikeln.

 

Ja, es geht immer schlimmer!

Aber: Ist es nicht doch sehr einfach, sich immer am Schlimmsten zu orientieren? Wieso richtet man die Skala nicht an den guten Beispielen aus? Warum kann eine Frau Gräf alle Grand Prix Lektionen gebisslos reiten und ihren Pferden Weidegang bieten, während ein Herr Gal sein Pferd durch Einschränken des Sichtfeldes und künstlich erzeugte Atemnot gefügig machen muss, um zu erreichen, was von ihm und seinem Pferd erwartet wird?

Versteht mich nicht falsch, niemand ist fehlerlos. Eine miese Momentaufnahme macht noch keinen Tierquäler aus. Dennoch muss sich im Turniersport vieles ändern. Totilas wurde nach der letzten Misere in Aachen und der Diagnose Knochenödem aus dem Turniersport verabschiedet, wie ProPferd.de berichtet. Die Hoffnung, dass er von nun an ein stressarmeres Leben führen kann, darf also geschürt werden.

Mein Dank an Totilas, der den Turniersport geprägt hat!

Ich allerdings bin dankbar, dass es dieses Pferd gibt und irgendwie auch dafür, dass er so sehr prominent ist. Mit ihm auch seine Ausbildungsart, die sich viel der Rollkur (LDR) bedient.  Diese Methode, so denke ich, wäre ohne die Präsenz des Hengstes nicht so stark diskutiert und als quälende Maßnahme bekannt geworden. Wenn man so will, hat sein Schicksal also wohl vielen anderen Pferden das selbe erspart.

Wenn Pferde Turnierrichter wären..

Ich frage mich, wie die Wertung aussehen würde, wenn Pferde das Richten übernehmen. Denkt ihr, sie würden hohe Noten verteilen für angespannte Pferdegesichter, für Piaffen mit taktlos rudernden Hinterbeinen? Oder würden sie Pferde toll finden, die sich zu präsentieren wissen, deren Kraft durch Selbstbewusstes Auftreten und Stolz unterstrichen wird? Pferden wäre das Geld im Hintergrund gleichgültig, sie würden nur das bewerten, was sie sehen. Diesfalls oftmals Angst, Unmut, Schmerzen gepaart mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit.  In der Gesamtheit der Vorführung (Jaja, schon klar. Pferde würden in der Wildnis herum toben und keine Dressurprüfungen bestreiten, das ist aber hier nicht der Punkt.), würde wohl kein Richterpferd ein positives Urteil abgeben (vorausgesetzt, es sitzt ihm kein Mensch im Nacken, der mit Peitsche, Sporen und festgehaltener Kandare ein manipuliertes Ergebnis verlangt).

Wir alle sind Menschen. Wer ist schon fehlerlos?

Da wird einem doch schon beim Schreiben ganz anders… Ich könnte mich jetzt insofern hinterfragen, als ich mir oft und viele Gedanken darum mache, ob ich fein genug und rücksichtsvoll genug mit meinen Pferden umgehe. Dieses Hinterfragen würde in FN-Denken so lauten, wie das vieler, vieler bequemer Menschen: „Ach was, da gibt’s Schlimmeres!“. Lieber aber arbeite ich weiter an mir und meinen Fertigkeiten, um noch feiner und noch rücksichtsvoller zu werden, als ich es jetzt schon bin. Alles andere wäre feige.

Der Feigheit wird täglich Ausdruck verliehen.

Feige sind auch all jene Menschen, welche die laufenden Hetzen gegen die vielen Asylwerber, die seit Wochen / Monaten in unseren Ländern Hilfe suchen, unterstützen und diese Menschen (ja, das sind tatsächlich auch Menschen wie du und ich) verurteilen, ohne jemals zu hinterfragen, was sie in unser Land treibt.

So haben wiederum selbstgefällige Persönchen (die mal lieber vor der eigenen Haustüre putzen sollten) nichts besseres zu tun, als Bilder von Flüchtlingslagern zu posten und feindliche Parolen in die Welt zu schreien. Hier wären wir wieder bei einer Momentaufnahme. Ein ganz bestimmtes Bild wandert durch die Social-Media-Welt, ohne dass auch nur einer der brüllenden Personen hinterfragt, was dieses Bild ursprünglich zeigt. Da muss dann der Verein Mimikama (Verein zur Aufklärung über Internetmissbrauch) für Aufklärung sorgen.

Wisst ihr überhaupt, wem eure Vorwürfe gelten?

Aber mal ehrlich, kann einer von euch nachfühlen, was diese Menschen erleben? Wie beschwerlich der Weg aus der Gefahrenzone wirklich ist? Wohl genau so wenig, wie ihr fühlen könnt, was gequälten Tieren angetan wird. Und darüber solltet ihr dankbar sein – sehr sogar. Natürlich sollt ihr euch Gedanken darüber machen, was hier in letzter Zeit vor sich geht. Dann aber wäre es angebracht, sich über das bestehende System den Kopf zu zerbrechen und nicht über eine von vielen Laufmaschen im Strumpf.

Auch werdet ihr nicht zum Weltretter, wenn ihr einen Sack alter Klamotten zur Verfügung stellt. Damit aber hebt ihr euch zumindest von den selbstgerechten Verurteilern ab, die wohl gemütlich auf ihrer Couch vor dem Laptop hocken und den Abend im Kreis ihrer Familie verbringen können, während sie ihre Hasstiraden in die „Social“ (wie widersprüchlich ist das eigentlich!?)-Media-Welt hinausbrüllen.

 

Wenn ihr was tut, tut es mit Hirn!

„Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“ (Mahatma Gandhi)

Was ich eigentlich sagen will: Wenn ihr was tun wollt, wenn euch die Lage missfällt, wäre es schön, wenn ihr euch mit den Grundproblemen befasst, diese analysiert und zu Verbesserungen beitragen könnt, anstatt irgendjemand für irgendwas verantwortlich zu machen und zu verurteilen.

Eine Rollkur hätte niemals so groß werden können, wenn das System, unter welchem es statt findet, eine andere Grundlage verlangen würde.

Hier noch ein toller Beitrag von Chevalie, auch Pferdemenschen befassen sich mit dem Thema Flüchtlinge, oder wenigstens die…? -.-

Eine Pferdeherde hätte keine Zukunft, würde jeder im eigenen Interesse alleine vor sich hin handeln.

Damit endet der Bericht mit der Frage: Wie meint ihr, geht es mit Europa weiter, wenn jedes „Herrenmitglied“ weiter ein eigenes Süppchen kocht?

 

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2 Comments

  • Reply
    Familienaufstellungen Pferde Angelika
    at

    super toller Artikel!!!! <3

  • Reply
    Claudia
    at

    Liebe Tanja,

    danke für diesen Aufruf. Es ist an uns etwas zu ändern und es ist an uns laut „Nein“ zu sagen.

    Je mehr stimmen, umso mehr können Richter und Turnierärzte nicht mehr wegschauen.

    Es ist so traurig, aber wie du schon schreibst: „Geld regiert die Welt!“

    Leider werden Gesetze und Regeln, noch immer so weit verbogen, dass das alles erst möglich ist. Ein Armutszeugnis für die Menschheit!

    lg Claudia

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