Das Internet ist schon eine tolle Sache. Man lernt Menschen kennen (zwar selten in Folge persönlich, aber ja..), kann sich über beinah alles informieren und das Können Anderer bewundern. Gerade in der Pferdewelt ist das bestimmt ein Gewinn, da man eine Reihe von Anregungen findet, das eigene Training mit dem Pferd sinnvoll und abwechslungsreich zu gestalten. So wie hier zum Beispiel.
Auch was die Verwendung der unterschiedlichen Gebisse, Sättel, Ausbildungswege angeht, wird man mit einer Flut an Informationen bereichert, ebenso die Haltung und Erfahrungsberichte betreffend.
Die vielen unterschiedlichen Gruppen und Foren bieten eine gute Plattform, um Fragen zu stellen und sich ev. auch Hilfestellungen zu holen.
Dass dieser Segen aber auch Fluch bedeuten kann, will ich euch in folgenden Punkten zeigen:
1. Videos sind das Ergebnis toller Schnittarbeit!
Videos auf zB Youtube haben für den Ersteller den Vorteil, dass man unerwünschte Szenen einfach wegschneiden kann mach ich ja auch, doof wär ich. Für den Konsumenten, also denjenigen, der das Video guckt und staunt, sieht es so aus, als wär der Trainer hochbegabt und das Pferdchen folgsam und höchst motiviert.
Dass das aber eben nicht immer so ist, wird nicht gezeigt. Der liebe Konsument versucht, das Vorgezeigte nachzumachen, scheitert und ist frustriert.
Ihr Süßen, jeder Mensch und jedes Pferd hat seinen eigenen Lern-Rhythmus! Ihr solltet euch nicht an anderen messen, sondern zufrieden und fröhlich euren eigenen Weg gehen. Und dieser darf ruhig auch mal langsamer beschritten werden oder eben ein paar Kilometer länger sein!
2. Texte und Fotos rücken den Verfasser ins rechte Licht!
Fotos von Herrn Pony und mir bekommt ihr hier ja zur Genüge zu Gesicht 🙂 Dass diese aber oftmals bei mehrstündigen Shooting-Terminen entstehen, erfahrt ihr natürlich nicht. Genau so ist es bei Anderen auch! Kein Pferde-Mensch-Paar ist immer perfekt und Übungen laufen auch nicht immer nach Plan.
Ann-Christin macht sich in diesem Post Luft zu eben solchen Illusionen. Ihr seht also, irgendwie geht es uns doch allen gleich 🙂
Auch das geschriebene Wort zeigt die negativen Seiten oder Erfahrungen auch kaum auf.
So werden wir Schreiberlinge uns hüten, davon zu berichten, wie oft uns das Pony heute gezwickt hat, weil wir nicht darauf geachtet haben, dass es ruhig zu geht im Training und die Überforderung ein Ventil gesucht hat!
Statt dessen erzählen wir lieber fröhlich von toll umgeworfenen Hütchen, einer schönen Reiteinheit oder perfekten Seitengängen. Ihr seht also, oft ist das liebe Netz mehr Schein als Sein 🙂
3. Selbstbewusste Antworten auf eure Fragen sind nicht gleichzeitig richtig!
Das Selbstbewusstsein der anonymen Netz-Gesellschaft ist enorm. Manchmal bleibt mir der Mund offen stehen, wenn ich hilfesuchende Fragestellungen lese und den dazu abgegebenen „Senf“ der vermeintlichen Expertencrew, welche sich in Foren und Fb-Seiten tummelt. Dass das meist alles Quatsch ist, scheint egal, immerhin ist man ja anonym und Meinungsfreiheit herrscht auch.
Liebe Möchtegern-Experten: Schön, dass ihr vor Selbstbewusstsein strahlt, ihr solltet euch aber hüten, eure Meinung kund zu tun, ohne die Gesamtgeschichte oder ev. sogar (kommt ja auch vor, dass mancher sogar den Tierarztbesuch zu ersetzen weiß!) einen Krankheitsverlauf eines Tieres zu kennen. Therapiert mal lieber euer Barbiepferd, bevor ihr euch an richtige Lebewesen ranwagt.
Also, ihr Lieben: Fachliche Meinungen gibt’s bei Fachleuten und eben leider nicht, oder nur selten, von Fremden aus dem Netz. Nicht grundlos gibt es Studiengänge und langjährige Ausbildungen!
4. Hilfe ist OK! Ihr müsst euch nicht alles selbst erarbeiten!
Auch ich habe Hilfe! Und zwar in Form einer sehr guten Trainerin vor Ort, welche mir beibringt, worauf ich zu achten habe und wie ich diverse Übungen erarbeiten kann. Wenn ich dann mal wieder zu ungeschickt bin, was des öfteren vor kommt, zeigt sie erst Herrn Pony die Übung, damit sie in Folge mit ihm gemeinsam, mir die richtige Ausführung zeigen kann.
Das ist völlig in Ordnung! Man kann nicht alles können und jeder hat Defizite! Ich so einige, aber das gehört hier nicht hin. Das Reiten hat auch noch niemand in ein paar Wochen erlernt. Das alles sind jahrelange Prozesse und ohne Hilfe geht das nicht. Früher, als ich noch aktiv geritten bin, hatte ich wöchentlichen Reitunterricht, das ist nun mal nötig!
Ihr solltet euch also nicht scheuen, um Hilfe zu fragen und euch von kompetenten Menschen unterrichten zu lassen. Davon profitiert nicht nur ihr sondern auch euer Pferd!
5. Nicht immer ist der aufgezeigte Weg auch der richtige für Dich!
Der Ausbildungswege gibt es viele. Ob klassische Reitweise, Englisch oder Western, ob Natural Horsemanship oder sonstigen Abwandlungen. Ob nun mit Druck oder auf positive Verstärkung aufgebaut oder nicht, der Varianten unendlich viele.
Sie alle haben eines gemeinsam: Alles braucht seine Zeit, der Mensch Disziplin, Motivation, die Fähigkeit der Konsequenz und vieles mehr. Welcher Weg nun der richtige für einen selbst ist, könnt ihr nur individuell entscheiden. Auch wenn manches einfach aussieht, so ergibt sich doch immer ein langer, langer Lernprozess. Und auch die Wege zu einer Übung können völlig abweichend sein, von anderen.
Hört hier immer auf euch selbst und probiert euch aus. Nur weil Clickern einfach aussieht und Pferde oft davon begeistert sind, heißt das nicht, dass man hier nicht absolut konsequent sein muss (als Beispiel).
6. Oft ist es besser, sich an Eindrücken zu orientieren, als an strikten Anleitungen!
An dieser Stelle möchte ich euch Mein(e)Faibles Artikel empfehlen. Sie macht es genau richtig! Miri lässt euch an ihren Gefühlen und ihrem Werdegang teilhaben, regt zum Nachdenken an und gibt dabei aber keine strikten Anleitungen vor, wie ihr an euer Ziel gelangt, sondern zeigt eine mögliche Richtung vor. Die aber liegt grundsätzlich bei euch. Euer Tempo, eure Wahrnehmung, eure Geschichte!
Also: Schreibt eure Geschichte selbst, lasst euch durch andere „perfekte“ Teams nicht entmutigen, sondern nehmt diese als Anregung wahr! glaubt an euch und ganz wichtig: Erwartet einfach nichts, dann nämlich wird jeder Tag ein Erfolg!
Denn: Auch wir, die wir Filmmaterial, Fotos und Berichte veröffentlichen, feilen täglich an unseren Fertigkeiten und sind längst nicht perfekt! Aber wir arbeiten an uns und lassen euch teilhaben und das soll euch ER- und nicht ENTmutigen 🙂
Ihr habt selbst schon derartige Erfahrungen gemacht? Erzählt mir davon!
P.S.: Dani von Fair-Riding-Corp hat sich Gedanken zu engstirnigen Trainern gemacht. Also, wenn ich eines in meiner Pferdelaufbahn gelernt habe: Der Blick über den Tellerrand ist wichtig, man kann von überall was für sich selbst mit nehmen!
Liebe Grüße, Tash
6 Comments
Anonym
atLiebe Tash,
schöner Artikel.Ich denke genau dieses den eigenen Weg finden ist oft so schwierig und ich ertappe mich oft dabei, dass ich mir auch mehr Anleitungen wünschen würde. Obwohl ich genau weiß, dass ich mit meinem kleinen Ponymann scheitere, wenn ich versuche es auf eine ganz bestimmte Art zu versuchen und die nicht mit ihm abgestimmt ist. Nur um den eigenen Weg zu finden muss man auf sein Pferd hören und genau hinsehen und das ist oft schwer. Da ist es manchmal leichter auf „Experten“ zu vertrauen, dann habe ich auch etwas die Verantwortung an andere abgegeben, wenn es nicht klappt.
Das Internet verleitet natürlich auch. Da gibt es irgendwie nur tolle Pferd-Mensch-Paare. Ich selber finde zwar, dass mein Pony und ich auch ein tolles Team sind, aber es gibt auch Probleme wie z.B. dass er sich nach wie vor nicht anbinden lässt. Und das mit fast 3 Jahren nun.
Ich selber versuche in meinen Kommentaren immer nur über meine Erfahrungen und Eindrücke zu schreiben und keine Ratschläge zu erteilen, denn das kann ich nicht. Ich kenne die Menschen und Pferde ja gar nicht. Ich weiß nicht, ob mir das immer gelingt, aber damit habe ich bisher ganz gute Erfahrungen gemacht.
Liebe Grüße
Miriam
Tash
athuhu 🙂 schönes Stichwort, danke 😀 ich sollte mit Spencer wohl langsam wieder mal das Anbinden üben.. aber ja, natürlich ist es nicht immer einfach, so manche Tipps sind auch wirklich gut! Dennnoch sagt einem in vielen Fällen das eigene Herz, was richtig ist. Oder es reicht ein kleiner Schubs eines Trainers des Vertrauens in die richtige Richtung 🙂 Liebe Grüße an den Ponymann!!
Björn S.
atIch kenne nur Deinen Pferdeblog 😉 aber die gleichen Dinge finden natürlich auch in anderen Bereichen statt – schöner Artikel und vor allen Dingen ein super Foto :))))
Meine Videokünste sind allerdings relativ bescheiden *lach* und dennoch versuche natürlich auch ich auf meinem kleinen blog möglichst die Dinge gut ins Licht zu rücken.
Liebe Grüße
Björn 🙂
Tash
atBjörn, du Lieber 😀 Ich freu mich immer wie doof, wenn ich hier von dir lese 😀 und wer braucht schon Videos bei den tollen Fotos von dir! Drück dich, allerliebste Grüße!
Sabine van Waasen - Clickerpony
atGanz toll geschrieben und auf Deine superschönen Fotos bin ich wirklich sehr neidisch.
Tash
atDanke sehr, irgendwie musste das mal gesagt werden 🙂 und ja, ich bin auch sehr froh, dass ulli uns immer wieder so toll fotografiert 😀