Heute hat die liebe Jen wieder mal was fĂŒr uns vorbereitet đ Wohl jedem von uns ist schon mal ein Reitlehrer untergekommen, der wohl vermutlich garkeiner ist…Â hier ein paar Erfahrungen, Tipps und Anregungen:
„Das Problem mit dem ExpertentumâŠ.
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Da bei mir wegen Umzugs kurzfristig zwei BerittplĂ€tze frei geworden waren, entschloss ich mich vor einigen Wochen die lokalen Tieranzeigen zu durchforsten, falls jemand sein Pferd in Ausbildung geben wollte.Â
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Nun ist es ja nichts Neues mehr, dass die Begriffe âReitlehrerâ, âTrainerâ usw. nicht geschĂŒtzt sind und gern willkĂŒrlich verwendet werden. NatĂŒrlich ist das den seriös Gelernten unter uns schon seit vielen Jahren ein Dorn im Auge, bisher jedoch war ich immer der Meinung, dass ja die Leute nicht gĂ€nzlich betriebsblind sind und QualitĂ€t sich irgendwann eben doch durchsetzt. Irgendwie bin ich mir da aber aufgrund der Vielzahl der vorhandenen Anzeigen nicht mehr so gĂ€nzlich sicherâŠ
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Was ist denn eigentlich ein Trainer? Wikipedia sagt: âTrainer (engl. to train âausbilden; dressierenâ) ist im Sport eine Person, die Einzelsportler oder eine Mannschaft strategisch (taktisch), technisch und konditionell anleitet. Entsprechende deutsche Begriffe sind (je nach Kontext) Ăbungsleiter, Ausbilder oder Betreuer.â Damit kann sich also jeder Trainer nennen, der am Rand eines Reitplatzes steht, eine Person willkĂŒrlich im Kreis reiten lĂ€sst und gelegentlich âmehr vorwĂ€rtsâ ruft. Bei den meisten selbsternannten Trainern hört es dann auch genau dort schon auf â da weder ihre Beobachtungsgabe, noch ihre Erfahrung oder ihr eigenes Können eine detailliertere Problembehandlung zulassen.Â
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Ist ein Trainer besser, wenn er einen Trainerschein besitzt? Jein! Zum Einen sind die verschiedenen Trainerausbildungen im Reitsport (auch abhĂ€ngig davon in welchem Land sie gemacht wurden) noch lange keine Garantie dafĂŒr, dass jemand sein Handwerk versteht, zum Anderen ersetzt kein Schein dieser Welt eine gute Beobachtungsgabe, EinfĂŒhlungsvermögen und Erfahrung.Â
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Beispiel: Nehmen wir an ich bekomme die Gelegenheit eine Reitstunde bei einem Olympiasieger zu nehmen, der zwar ĂŒber unfassbar viel Erfahrung und Erfolge verfĂŒgt, aber nie Berufsreiter war, dann ist mit groĂer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass ich von dieser Erfahrung profitiere â auch ohne mir einen Trainerschein zeigen zu lassen. Denn eines ist mal ganz sicher: Er kann es besser als ich! Und da sind wir auch schon beim springenden Punkt: Besser können!Â
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Wenn ich ein Pferd in Beritt nehme oder Unterricht erteile, dann muss eine Sache ganz offen klar sein: Ich kann immer nur bis zu einer Klasse ausbilden, in der ich selber reite, denn sonst verliere ich mein Gesicht. Ich kann nicht einem ReitschĂŒler erklĂ€ren, wie er Zickzacktraversalen reitet, wenn ich selber das Pferd keine 5 Meter durchâs Genick in den drei Grundgangarten auf dem Hufschlag halten kann. Ich kann keine Dinge erklĂ€ren und kritisieren, von denen ich nicht selber weiĂ wie sie sich anfĂŒhlen. Ich muss als Ausbilder JEDERZEIT in der Lage sein, mich selber auf das Pferd zu setzen, mich innerhalb kurzer Zeit individuell auf das Wesen unter mir einzustellen, und die Sache, die ich von meinem SchĂŒler verlange BESSER zu machen. Kann ich das nicht, unterrichte ich entweder in der falschen Klasse, oder habe generell nichts in der Mitte eines Reitplatzes verloren! Ausnahme: Ein 95-jĂ€hriger Rittmeister mit Osteoporose, der schon im Krieg bis Moskau geritten ist, und in seinem Leben tausende von zufriedenen SchĂŒlern hatte â der muss sich natĂŒrlich nicht auf einen 3jĂ€hrigen Hengst setzen, um dem Besitzer etwas zu beweisen đ (Auch schon erlebtâŠ)
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Des Weiteren erkennt man den guten Ausbilder daran, dass er nicht nach Schema F arbeitet. Zwar sollte immer die Skala der Ausbildung Richtlinie fĂŒr Pferd und Reiter sein, da ohne Takt niemals Losgelassenheit oder Anlehnung erreicht werden können, jedoch gibt es keinerlei Patentlösungen fĂŒr die Probleme, die innerhalb der Ausbildung auftauchen. Wenn Lösung A nicht funktioniert, dann hat ein guter Trainer immer auch Lösung B, C, D usw. parat und ist gewillt diese auszuprobieren. Menschen und Pferde sind nun mal Individuen, so unterschiedlich wie FingerabdrĂŒcke auf der Welt.Â
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Wer glaubt das Zusammenspiel zweier Individuen immer nach Schema F zum Erfolg fĂŒhren zu können, der ist entweder blind oder naiv⊠oder beides!
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Wer also auf der Suche nach einem seriösen Ausbilder ist â völlig ungeachtet der Reitweise, sollte im Vorhinein folgende Sachen abklĂ€ren:Â
- VerfĂŒgt die Person ĂŒber einen Ausbildungsnachweis? Wenn ja welchen, und wo wurde die Ausbildung absolviert. (Hannoversche-Reit und Fahrschule Verden oder ein Bauernhof in Tirol?)
- Ăber wie viele Jahre Berufserfahrung verfĂŒgt die Person? In welchen Bereichen hat sie gearbeitet, mit welcher Art von Pferden? (Turniererfolge bis Kl. S sagen u.U. nichts darĂŒber aus ob man in der Lage ist ein 3jĂ€hriges Pferd korrekt anzureiten!)
- Kann die Person in GrundzĂŒgen anatomische und biomechanische ZusammenhĂ€nge erlĂ€utern und somit garantieren, dass weder Reiter noch Pferd aufgrund der Arbeit körperliche SchĂ€den davon tragen?Â
- Ist die Person bei der ich Unterricht haben möchte jederzeit in der Lage sich individuell auf Pferd und Reiter einzustellen und willigt sie ohne Bedenken ein sich auf mein Pferd zu setzen, um mir etwas zu demonstrieren? (Tipp: Test-Beritt vereinbaren, bei verschiedenen SchĂŒlern zusehen)Â
- Ist die Person ganz klar in der Lage zu sagen, wenn eine Anfrage ihre Kompetenzen ĂŒberschreitet? Wer auf seiner Homepage einfach nur âBeritt von Problempferdenâ anbietet ohne sich spezifisch zu seiner Qualifikation zu Ă€uĂern, verfĂŒgt in der Regel ĂŒber ein sehr groĂes Selbstbewusstsein. Testanfragen wie âBeritt von VS Pferd mit Turniervorstellung bis mindestens **â können u.U. Klarheit schaffen. Wer wirklich kompetent und ehrlich ist, sagt einem ReitschĂŒler oder Pferdebesitzer offen, wo seine persönlichen Grenzen liegen.Â
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In diesem Sinne: Viel Erfolg bei der Suche nach dem richtigen Trainer â ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Selbsternannten eines Tages doch noch merken, wo sie tatsĂ€chlich stehenâŠ
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http://pferde-reparaturservice.com
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Liebe GrĂŒĂe, Jen“
3 Comments
Anna Noctis
atDas HĂ€rteste was ich erlebt habe war eine „Reitlehrerin“ die meinte man reite Schulterherein indem man am inneren ZĂŒgel zieht. Ich bin weiter geritten nach meinen Vorstellungen und den Dingen die ich bei meiner langjĂ€hrigen Reitlehrerin gelernt habe und wurde gelobt fĂŒr mein „Schulterherein“ obwohl ich ganz andere Sachen mit korrekten Hilfen geritten bin.
Das war aber meine einzige Stunde da, und ich bin sehr froh zumindest lange Jahre eine sehr gute Reitlehrerin gehabt zu haben, die mir alles selbst zeigen konnte, viele verschiedene LösungsansÀtze vermittelt hat damit wir diese auch selbst anwenden konnten und auch mit uns zusammen Jungpferde ausgebildet hat.
Da habe ich wirklich gelernt den Fehler bei mir zu suchen und auf das Pferd zu hören.
So einen Trainer kann ich jedem wĂŒnschen! Ich habe so viel gelernt, dass ich auch jetzt alleine mit praktisch jedem Pferd umgehen kann und damit arbeiten. Zwar auch nur bis zu einer bestimmten Klasse, aber dafĂŒr sind die Erfahrungen mit Jungpferden sehr wertvoll.
Liebe GrĂŒĂe, Anna
Sebastian
atNa wenn das so einfach ist, dann bin ich jetzt auch Reitlehrer und Trainer. Und Fahrlehrer. Und FuĂballtrainer. Und Astronautenausbilder.
Leider gibt es solche Leute ĂŒberall. Ich hab einen Fluglehrer erlebt, der 15 Minuten paralysiert dasaĂ, weil uns der Einflug in einen Sektor verweigert wurde, obwohl wir ihn geplant hatten. Kommt vor, aber dann sollte nicht der SchĂŒler reagieren und den Lotsen um neue Anweisungen bitte mĂŒssen. Auch in geschĂŒtzten Bereichen mit viel Training und PrĂŒfungen gibt es Leute, die dort nicht hingehören.
Eine – kleine – Anmerkung habe ich zu Deiner Vorgabe, dass der Trainer grundsĂ€tzlich selbst reiten können muss, was er lehrt: Ab einem gewissen Level – speziell im Profisport – ist der SchĂŒler einfach besser als der Trainer, aber diese FĂ€lle betreffen wohl kaum die Masse der Reiter und die dort eingesetzten Trainer verstehen ihr Handwerk (hoffentlich) trotzdem so gut, dass sie ihre menschlichen und tierischen SchĂŒlern trotzdem noch verbessern können.
claudia kirchmayer
atDu schreibst mir aus der Seele! Sehr gut geschrieben!!